Sonntag, 13. August 2023

Quadral allsonic SM90III

 Endlich hatte ich mal etwas Zeit um mich um mein Equipment zu kümmern. Auf dem Tisch standen ein Paar Lautsprecher-Boxen vom Typ "Quadral allsonic SM90III". 


Diese hatte ich vor längerer Zeit fast zum Nullpreis erworben und sollten zum Testen meiner Reparaturgeräte genutzt werden. Äußerlich in einem sehr schlechten Zustand: Abgeplatztes Kunststoff-Furnier, die Kalotten eingedrückt und teilweise die Befestigungen ausgebrochen. Dazu waren jeweils ein Hoch- und ein Mitteltöner ohne Funktion. Zeit etwas zu ändern.

Hier die technischen Daten:

- Nenn- / Musikbelastbarkeit: 60/90 Watt

- Impedanz: 4/8 Ohm

- Frequenzbereich: 44 Hz bis 22 kHz

- Baujahr:  Ende der 80ziger Jahre

Zuerst wollte ich mich um den Korpus kümmern. Also wurde Lautsprecher, Dämmwolle, Frequenzweiche und Anschlussterminal demontiert.

Danach wurden alle Befestigungslöcher und ausgebrochenen Bereiche mit Holzspachtel verfüllt und alles fein geschliffen.


Da mir die schwarze Farbe der Boxen nicht gefiel, entschied ich mich das ganze in Nussbaum zu folieren. Das sollte doch einem super Kontrast zu den schwarzen Lautsprechern geben. Und der erste Versuch sah gar nicht so schlecht aus:


Also wurde der restliche Korpus ebenfalls in Nussbaum foliert. Die vordere Kante und die Rückseite wurden als Kontrast mit der Airbrush in mattschwarz lackiert.

Da die original Typenschilder schon arg zerkratzt waren, entschied ich mich diese mit einem Vektorprogramm neu zu designen. Dazu wurden die original Schilder abfotografiert und im Freeware-Programm INKSCAPE als Ebene hinterlegt. Damit konnte ich diese komplett neu erstellen und auf Transfer-Folie übertragen. Anschließend bekamen sie ihren Platz auf den Boxen.



Nachdem der optische Teil abgeschlossen war, wollte ich mich um die Lautsprecher kümmern.

 Man findet viele Anleitungen im Netz um eingedrückte Kalotten zu reparieren, u.a. mit Unterdruck über einen Staubsaugeraufsatz. Kann man versuchen, wenn man den Totalverlust riskieren will. Besonders wenn die Kalotte aus stabilen Karton besteht. Ich entschied mich für etwas anderes:

Mit einem Miniatur-Bohrer wurde ein kleines Loch gebohrt, um anschließend mit einer präparierten Büroklammer die Delle zu glätten.



Das kleine Loch wurde dann mit etwas Spezialkleber verschlossen und die Kalotte mit der Airbrush beilackiert. Das sollte reichen.

Nun ging es an die klangtechnische Reparatur, sprich die Frequenzweiche war an der Reihe.


Hier ist diese noch im eingebauten Zustand zu sehen. Eine ganz einfache Passivweiche 1. Ordnung, realisiert mit 2 Kondensatoren und einer Luftspule.

Da keine Unterlagen zur Frequenzweiche aufzutreiben waren, habe ich die Schaltung hier mal skizziert:




Ohne groß in die technischen Details zu gehen: Wir sehen hier einen Hochpass für den Hochtöner, einen Tiefpass für den Tieftöner und einen Bandpass für den mittleren Frequenzbereich, ausgeführt als "Butterworth"-Filter.  Typisch für Mehrwegboxen ist dabei, das der Bandpass als Kombination aus Tief- / Hochpass ausgeführt wird. Zudem wird der Mitteltöner verpolt angeschlossen. Das hängt, einfach erklärt, mit der Phasendrehung durch die Weichenbauteile zusammen. Da diese Verpolung original von Quadral so vorgesehen war, wurde es beibehalten. Das ganze sollte später auch messtechnisch noch überprüft werden.

Da die Lautsprecher optisch alle in Ordnung waren, überprüfte ich die Bauteile um den Ausfallgrund zu finden. Und wurde schnell fündig: Bei einer Weiche war der Kondensator des Mitteltöners defekt.


Eine Spule sah aus, als wenn sie ein Azubi kurz vor der Mittagspause gewickelt hatte. Das konnte so nicht bleiben.


Ich entschied mich original Ersatzteile von Intertechnik zu ordern. Bei den Kondensatoren sollten es schwarze Audyn MKTs sein. Optisch und technisch ein Muss. 


Abschließend wurde alles wieder zusammengebaut, die verbeulten Schutzgitter gerichtet und in mattschwarz lackiert. Das Ergebnis:




Der erste Sound-Check holte mich dann richtig ab. Wieder ein glasklarer Sound aus den Hochtönern und auch der Rest lieferte spitzenmäßig ab. Reparatur erfolgreich.

Abschließend wollte ich aber noch einen Frequenztest durchführen. Schließlich interessierten mich die Übergangsfrequenzen der einzelnen Filter. Unterlagen dazu gab es ja nicht.

Als Equipment standen mir die kostenlose "Room Acoustics Software (REW)"  und ein Mikrofon von Tonor, Typ TC-777 zur Verfügung. Dieses nutzte ich zur Nachvertonung meiner Videos. Das ist zwar kein kalibriertes Messmikrofon und deckt nur einen Frequenzbereich von 100Hz - 16 kHz ab, aber für eine einfache Messung sollte es genügen. 


Bevor die Messung durchgeführt werden konnte, mussten erst alle Geräte kalibriert werden. Das heißt meine Behringer UMC204HD wurde abgeglichen und das Mikrofon musste an die Umgebungsgeräusche angepasst werden. Das ist im REW-Programm ziemlich gut erklärt und geht schnell. Für die Geräusch-Kalibrierung des Mikrofons nutzte ich mein Handy mit einer dB-App. Damit konnte ich den vorhandenen Geräuschpegel im Zimmer an die Software anpassen. 

Das ist zwar kein professioneller Aufbau, aber für einen Test langt das allemal.

Danach wurden an der Test-Box der Hoch- und Mitteltöner abgeklemmt und nur der Tieftöner getestet. Das Ergebnis:


Schön zu sehen, das es sich hierbei nicht um einen reinen Subwoofer, sondern eher um einen "Full Range"-Lautsprecher handelt. Aber wie sahen es bei den anderen beiden Lautsprechern aus? Hier der Mitteltöner:


Hier sieht man sehr gut, dass dieser Lautsprecher ab ca. 1kHz seine Arbeit richtig aufnimmt. Und zum Schluß noch der Hochtöner:


Hier geht es ab 5 - 6 kHz richtig los. Legt man das Ganze dann mal übereinander, kann man die Übergangsfrequenzen des Bandpasses vom Mitteltöner schön erkennen:


Die untere Grenzfrequenz liegt bei knapp 900 Hz und die obere Grenzfrequenz bei ca. 4,5 kHz.

Zum Vergleich habe ich die Daten mal durch einen Frequenzweichen-Rechner geschickt, mit dem Ziel, die verbauten Werte des Kondensators und der Spule zu erreichen. Das Ergebnis:


Danach liegt die obere Grenzfrequenz bei ca. 6 kHz. Die untere Grenzfrequenz passt dagegen fast genau. Die Abweichung nach oben rechne ich mal meinem Mikrofon an, da es halt kein kalibriertes Messmikrofon ist. 

Für einen Arbeitsnachweis der Frequenzweiche hat dieses Equipment trotzdem gereicht.

Am Ende habe ich jetzt 2 tolle Boxen zum Testen meiner Geräte, die auch optisch was her machen.

Project done!

Sonntag, 30. Juli 2023

Stern-Radiorekorder R4100

Einer der wohl bekanntesten Mono-Radiorekorder der DDR stand diesmal auf meinem Tisch. Ein R4100. 




Viele Erinnerungen meiner Generation sind mit diesem Gerät verbunden: Camping, Baggersee oder das Überspielen von selbstaufgenommenen Kassetten. Meistens lange dafür gespart oder vom Jugenweihe-Geld gekauft. Schließlich lag der Verkaufspreis damals bei ca. 1.100,- DDR-Mark.

Produziert wurde das Gerät übrigens ab 1979 vom VEB Stern Radio Berlin als Nachfolger des R4000.

Das Radio ist mit einem UKW-Band von 87,5  bis 104 MHz, zwei Kurz- und einem Langwellen-Band sowie einer automatischen Scharfabstimmung (UKW AFC) ausgestattet. Zusätzlich zum eingebauten Mikrofon, gibt es einen externen Mikrofonanschluss, einen TA/TB-Anschluss, eine Buchse für eine Auto-Antenne und die Möglichkeit einen externen 4 Ohm-Lautsprecher anzuschließen.

Weiterhin gibt eine Batteriekontrolle, die über die Pegelanzeige dargestellt wird und bei diesem Gerät bereits als LED-Kette ausgeführt ist. Dazu noch getrennte Tiefen- und Höhenregler, wobei der Höhenregler gleichzeitig zur manuellen Aussteuerung bei Bandaufnahmen dient.

Alles in allem eine top Ausstattung für die damalige Zeit und deshalb aus so begehrt.

Das Gerät auf meinem Tisch hatte auch schon bessere Zeiten gesehen und stand vermutlich viele Jahre irgendwo im Keller oder Gartenlaube. Ziemlich eingestaubt, das Kassettenteil ohne Funktion und die Skalenverstellung war fest. Zeit für eine Revision.



Entgegen aller Vorurteile waren die DDR-Geräte meistens sehr wartungsfreundlich ausgeführt. Der Kassetten-Block ist nur mit einem mehrpoligen Stecker mit der Hauptplatine verbunden. Zusätzlich zwei Schrauben im Batteriefach lösen und der ganze Block kann entnommen werden.



 Die Hauptplatine kann zudem über ein Kunststoffscharnier aufgeklappt werden. 


Zuerst wurde das Gerät vorsichtig mit meiner Airbrush von losem Staub befreit, bevor der Pinsel den Rest beseitigte. 

Die Ursache für die festsitzende Skalenverstellung war schnell gefunden: Der Scheibentrimmer.


Hier träufelte ich mit einer Spritze etwas Nähmaschinenöl auf die Welle und ließ es über Nacht einwirken. Das wiederholte ich 2mal. Danach konnte ich den Trimmer wieder bewegen. Zusätzlich wurden alle beweglichen Teile des Seilzuges ebenfalls mit Feinöl behandelt.

Jetzt war der Kassettenblock an der Reihe. Neben dem eigentlichen Service mussten auch 2 Riemen getauscht werden. Auch hier zeigte sich die Wartungsfreundlichkeit des Gerätes. Mehrere Schrauben gelöst, ein Kabel an der Reglerplatine vom Motor abgelötet und man konnte die gesamte Platine zur Seite klappen.


Zum Austausch des Capstan-Riemens musste das Stehlager und der Lagerwinkel oberhalb des Schwungrades demontiert werden. Eigentlich keine große Sache, wenn da nicht diese kleinen Federn wären, die gerne mal im Nirvana verschwinden, wenn man nicht aufpasst. Fummelarbeit halt.


Da schon alles ausgebaut war, wurden noch die Lager von Schwung- und Capstanrad geölt und die Funktion der Tastenschieber überprüft. Die Vorlauf-Taste rastete nicht ein und so wurde die Aussparung der Raste mit der Feile etwas nachbearbeitet. 

Abschließend wurde auf dieser Seite noch alles gereinigt und einige Stellen, bei den die Tastenschieber mit dem Kunststoffrahmen in Berührung kamen, dezent mit etwas Schmierung versehen.  Auch alle Taster und Umschalter wurden dezent gereinigt. Dann kam die andere Seite dran.


Hier gab es mehrere Baustellen. Zunächst wurde der Vorlaufwickel abgenommen. Darunter befinden sich Schleifkontakte. Von der Motorplatine wird ständig die Drehzahl des Wickel überprüft. Bleibt dieser während der Aufnahme / Wiedergabe stehen erfolgt die Bandabschaltung, z. Bsp. wenn das Band am Ende ist. Also alles gereinigt und die Schleifer etwas nachgebogen.

Das Zurückspulen erfolgt über das sogenannte Rücklaufrad (roter Kreis) und einen zweiten Riemen, der auf den Rücklaufwickel wirkt. Zum Riementausch musste also einiges ausgebaut werden, einschließlich einiger Federn und kleiner Sprengringe, die ich so mag. Zudem zeigte sich ein weiteres Problem:

Foto: Google-Suche

Der Gummi vom Rücklaufrad löste sich auf. Auch die dünnen Ränder des Rades zeigten bereits Risse. Ein separates Ersatzteil war nicht aufzutreiben. Auch ein Ersatzring war nicht zu finden. Nicht gut.

Zunächst entfernte ich die Gummireste vorsichtig. Das Rad wurde gereinigt und die Seitenränder mit Spezialkleber stabilisiert und über Nacht getrocknet. In meiner Werkzeugkiste fand ich dann einen Satz O-Ringe, der normalerweise als Dichtung in Verschraubungen verwendet wird. Ein Durchmesser passte zum Glück und wurde dann gaaaanz vorsichtig montiert. 

Abschließend wurde wieder alles montiert. Dann erhielten Andruckrolle, Ton- und Löschkopf noch etwas Pflege und das Capstanlager bekam auch von dieser Seite etwas Feinöl.

Jetzt sollte ein erster Test des Gerätes erfolgen. Dafür wurde alles provisorisch zusammengebaut. Und wie sich zeigte war das Gerät in einem besseren Zustand als erwartet:

Das Radio funktionierte auf Anhieb. Die Senderwahl war wieder möglich und auf UKW kamen die Sender sauber rein. Auch die AFC-Funktion war gegeben. Die LED-Abstimmung arbeitete, die Klangregler waren ohne Kratzen, die Beleuchtung funktionierte. Alles i.O.

Dann die Testkassette rein: Play, Vorlauf, Aufnahme vom Radio, Aufnahme vom eingebauten Mikro, alles bestens. Nur der Rücklauf hakte. Nach Loslassen der Taste blieb das Laufwerk stehen. Aber die Ursache war schnell gefunden: Ein Federkontakt musste nachgebogen werden. Selbst der provisorische O-Ring tat seine Arbeit. Sauber.

Schon erstaunlich, dass alle Bauteile nach so langer Zeit noch in Ordnung waren. Keine Fehlersuche nach defekten Kondensatoren und Co. 

Abschließend wollte ich nur noch den Gleichlauf des Kassettenteils überprüfen. Dazu bastelte ich mir einen Adapter der an die Lautsprecher-Buchse passte.


Testband 3.150 kHz eingelegt und mit dem NAK T-100 Analyzer überprüft.


Erstaunlich: Der Frequenzwert passte auf den Punkt und der WOW & FLUTTER zeigte saubere 0,1%! Das Gerät ist ab Werk mit </= 0,3% angegeben. Schon erstaunlich. Zwar gab es gelegentlich leichte Peaks, aber das war schon ok so.

Zum Schluss alle Gehäuseteile gereinigt und alles wieder montiert.


Noch ein Satz frischer R20-Batterien eingelegt und wieder ist ein Gerät bereit für ein zweites Leben. Am Baggersee oder so.


PROJECT DONE!

Freitag, 7. Juli 2023

DENON PMA-790 - Teil 3

Da der DENON nun klangtechnisch in Ordnung war, galt es noch das Problem der Lautsprecher-Schutzschaltung zu klären.

Wie bereits im ersten Teil erklärt, hat diese Schutzschaltung mehrere Funktionen. Eine Funktion schützt u.a. die Lautsprecher vor Einschaltspitzen von Kondensatoren. Passiert das nicht, kann man einen Hochtöner schnell mal ins Nirvana schicken.

Wen man das Gerät einschaltete, leuchtete die "on/protection"-LED sofort und das Relais 1 schaltete durch. 



Normalerweise dauert es ein paar Sekunden bis diese Funktion ausgeführt wird. Eine Beschreibung des korrekten Ablaufes gab es im Service Manual nicht. Eine Bedienungsanleitung war auch nicht aufzutreiben. Über Videos auf Youtube konnte ich herausfinden, das die LED normalerweise 3-4 Sekunden blinkt, bevor die Relais zuschalten. So kennt man das auch von anderen Verstärkern.

Also Schaltplan vorgenommen und Fehlersuche.

Mittelpunkt der Schutzschaltung ist der IC1 auf der Netzteil-Platine. Das ist eine 8-poliger Mikrochip vom Typ HA12002 der Fa. Hitachi der speziell für diese Funktion konzipiert wurde.

Die Beschaltung im Einzelnen:

- Pin 3: Temperaturüberwachung Endstufen (Abschaltung bei Überlast)

- Pin 5: Relay-Off-Time (Abschaltverzögerung)

- Pin 7: Ausgang Relais 1 und 2 (über Transistor4)

- Pin 8: Relay-On-Time (Einschaltverzögerung)

Als erstes überprüfte ich alle angegeben Spannungen am IC. Diese waren soweit ok, mit einer Einschränkungen:

Am Pin 3 standen nur 200mV an Stelle der 500mV an. Über Transistor 1 und 2 sind hier die beiden Temperatursensoren der Endstufen angeschlossen. Laut Datenblatt sollten diese jeweils 330Ohm bei 25°C ausgeben. Ich ermittelte 280 und 300 Ohm. Das war ok.

Parallel suchte ich im Internet nach ähnlichen Fehlerbeschreibungen und Lösungsansätzen. Allerdings war bei 99% der Beschreibungen der Fehler genau anders herum: Das Relais zog gar nicht an. Also wieder ein Sonderfall bei mir. Dort wurde aber beschrieben, dass der IC HA12002 öfter defekt war. Nach kurzer Suche fand ich einen originalen Ersatz für wenig Geld. Geordert und 2 Wochen auf Lieferung gewartet.

Nach Lieferung und Einbau gab es einen ersten Fortschritt: Die "on/protection"-LED blinkte nach dem Einschalten 3-4 mal auf, um dann dauerhaft zu leuchten. Das Relais schaltete aber weiterhin sofort durch.

Laut Datenblatt des IC müsste am Pin 8 ein zeitverzögerter Spannungsanstieg zu messen sein. Das sollte über die Kondensatoren C4 und C5 auf max. 3,4V erfolgen. Das wäre also die Einschaltverzögerung. Weiterhin müsste gleichzeitig am Pin 1 ein zeitverzögerter Spannungsabfall auf 0,7V zu messen sein. Das würde dann Transistor 4 durchschalten.

Eine Messung zeigte das beides nicht passierte. 

Also Platine ausgebaut und die betreffenden Bauteile ausgelötet und gemessen. Die Kondensatoren C4 und C5 waren aber in Ordnung. Wieder eingebaut und Pin 8 erneut gemessen: Jetzt standen 6,4 V an! Im Schaltplan war zu sehen, dass auch R9 (1,3MOhm) an Pin 8 angeschlossen war. Auch diesen überprüft und für gut befunden.

Eine erneute Messung zeigte dann aber den Erfolg: An Pin 8 konnte ich einen Anstieg von 1,2V auf die vorgegeben 3,4V nachweisen. An Pin 7 fand dazu ein Spannungsfall von 30V auf die 0,7V statt. Alles wie vorgesehen.

Allerdings schaltete Relais 1 weiterhin sofort durch. Da blieb nur noch Transistor 4 übrig. Zum Glück hatte ich im Vorfeld Ersatztransistoren vom Typ 2SA1015 geordert, da diese mehrfach im Gerät verbaut waren. Also schnell gewechselt und:

Beim Einschalten blinkte die LED und erst nach 4 Sekunden schaltete Relais 1 sauber ein. :-)



Am Ende war es eine Kombination aus defekten Bauteilen (HA12002, TR4) und kalten Lötstellen (C4, C5, R9). 

Abschließend erfolgte noch einmal die Überprüfung des Ruhestromes und dann war die Reparatur am DENON abgeschlossen. 

Unter dem Strich blieben 3 Monate Fehlersuche und ein hoher Lernfaktor. Neben der Fehlerbehebung wurde das Gerät komplett gereinigt, instandgesetzt und ist jetzt bereit für ein zweites Leben.

PROJEKT ABGESCHLOSSEN.



Donnerstag, 6. Juli 2023

DENON PMA-790 - Teil 2

Nach langer Zeit nun endlich die Fortsetzung vom ersten Teil .

Es stand der Austausch der Schutzrelais an. Diese waren eingetroffen und passten perfekt. Wenn ich aber gewusst hätte, was noch auf mich zukommt… Aber der Reihe nach.

Auf dem Foto ist übrigens schön der Unterschied zwischen den alten und neuen Relais-Kontakten zu sehen.


Der Einbau ging schnell, alles wieder zusammengebaut und für einen ersten Test vorbereitet. Da zeigte sich bereits das erste Problem: Das Relais1 für die Lautsprecher-Gruppe A schaltete sofort. Keine Verzögerung beim Einschalten, die Schutzschaltung war weiterhin ohne Funktion.

Nach einem kurzen Testlauf trat zudem das zweite Problem wieder auf: Der linke Kanal knackte erst etwas, um dann ganz auszufallen. Prima. 

Eine neue Strategie musste her, die da bedeutete: Alle Spannungen messen, alle Platinen ausbauen, alle relevanten Bauteile (Kondensatoren, Transistoren etc.) prüfen. Alle Lötpunkte prüfen, vielleicht lag es ja an einer kalten Lötstelle.

Ich begann mit einer Messung der relevanten Spannungen vom Transformator und stellte ziemlich schnell fest, das alle Werte ca. 10% über den angegeben Werten lagen. Das war problematisch, da an den großen Sieb-Elkos mit 33.000 µF eine Spannung von 69V anstand. Diese waren aber nur für 71V ausgelegt. Zudem zeigten die Lastwiderstände auf den Endstufen eine Temperatur von >100°C. Das war schon extrem.

Die Erklärung fand sich schnell: Das Gerät war damals für eine Spannung von 220V konzipiert worden. Auf Grund der heute vorherrschende Netzspannung von 230V, die auch gerne bei 240V liegen kann, wurde das Gerät also permanent 10% überbelastet. Eine Umschaltung auf 230V gab es am Gerät nicht. Auch der Transformator konnte nicht angepasst werden, da er komplett vergossen war. So weit, so schlecht.

Als Lösung kam nur ein Stelltransformator in Frage, bei dem man eine feste Netzspannung von 220V einstellen konnte. Da ich keinen besaß, musste ich im Netz fündig werden. Dort entdeckte ich einen alten DDR Stelltransformator vom Typ 300-2. Kannte ich noch von früher.
Die Leistung von 300W war zwar für den DENON grenzwertig, aber ich wollte es versuchen.



Also 1 Woche auf die Lieferung gewartet, angeschlossen und siehe da: Alle Spannungen lagen im grünen Bereich. Auch die Lastwiderstände zeigten eine "angenehme" Temperatur von 85°C.
Jetzt konnte die Arbeit beginnen.

Über die elegante Art hätte ich jetzt ein Signal einspeisen und bis zum defekten Bauteil verfolgen können. Ein genauer Blick zeigte aber, dass das Gerät extreme Zuwendungen benötigte. 


Es mussten wirklich alle Platinen komplett überprüft werden. Also startete ich mit dem Ausbau der beiden Endstufen.



Die verwendeten Kühlpads der Leistungstransistoren lösten sich bereits auf. Die Wärmeableitung war also auch nicht mehr die Beste.


Es gab diverse Lötpunkte zu erneuern und einige Kondensatoren zeigten einen sehr hohen ESR.


Wenn ich ein defektes Bauteil identifizierte, tauschte ich gleich seinen Pendant auf der anderen Stufe mit aus. Die Steuer-Transistoren wurden auch überprüft. Hier gab es keine Auffälligkeiten. Abschließend wurden die Platinen gründlich gereinigt und die Leistungstransistoren mit Glimmerscheiben und guter Kühlpaste (15.7W/m-k) wieder an den Kühlkörpern befestigt.




Die Verbindungen zwischen Platinen und Kühlkörper wurden von mir etwas isoliert, da hier die Lötpunkte der Elkos auf den Montagewinkel auflagen. Zum Glück nur der Minus, aber diese Verbindung war vom Hersteller bestimmt so nicht vorgesehen.




Nachdem die Endstufen wieder komplett montiert waren, konnte ich mir einen Test nicht verkneifen. Aber um es kurz zu machen: Der linke Kanal verweigerte weiterhin seinen Dienst. Es blieb das gute Gefühl, dass die Endstufen jetzt aber in einem top Zustand waren.

Blieben noch die Control Unit bzw. Zwischenstufe und die Eingangsstufe übrig. Die Eingangsstufe war von oben gut sichtbar und vermittelte einen guten Eindruck. Um diese wollte ich mich zum Schluss kümmern. Die Control Unit sitzt aber darunter und war schwer zugänglich. Also das Gerät auf die Seite gestellt und die Bodenplatte demontiert. Tja, und was ich dann fand machte mich sprachlos.








Eine total zerkratzte Platine, an der sich wahrscheinlich schon einige Techniker versucht hatten. Dazu Rückstände von Lötpaste und kalte Lötstellen. Am schlimmsten war es im Bereich der Transistoren 11-14. Hier hatte es eine extreme Hitzeentwicklung gegeben. Unter UV-Licht sah es noch schlimmer aus. Ein Wunder, dass da noch ein Signal rauskam.


Also alles zerlegen und Generalrevision. 


Es zeigte sich, dass die Hitze bereits die Oberseite der Platine verfärbt hatte. Nach dem Auslöten der Transistoren wurde der Schaden noch größer, da sich die Lötpunkte auflösten.


Ein Blick in den Schaltplan offerierte, das hier Transistoren getauscht wurden. Original  sind pro Kanal 2 Stück 2SA916 verbaut. Jetzt war es ein Pärchen aus 2SA916 und 2SA1488. Das passte leistungstechnisch und optisch überhaupt nicht zusammen. Und dann wurde das ganze bei diesem Spitzengerät so unfachmännisch erledigt. Unglaublich. 

Ich versuchte das Beste. Also alles im Schadbereich ausgelötet, die komplette Platine gereinigt und die Lötpunkte mit Silberlack repariert. Zusätzlich wurden alle relevanten Bauteile wie Kondensatoren, Zener- Dioden und Widerstände durchgemessen. Dabei zeigten einige Kondensatoren schlechte Werte und von den Dioden wurde einige als Widerstand erkannt. Also Ersatz geordert und 14 Tage Pause. Die Transistoren zeigten im Tester erst einmal keine Fehlfunktion.

Nachdem alle Bauteile eingetroffen waren, wurde die Platine komplettiert und die zerkratzten Bereiche mit Platinenlack versiegelt. Sie erstrahlte nun wieder in neuem Glanz.


Da die Transistoren im Tester unauffällig waren, wurden sie wieder verbaut.

Die Vorstufen-Platine bekam ebenfalls eine Frischzellen-Kur. Neben der Platinenreinigung wurden einige Kondensatoren gewechselt, da entweder der ESR oder der Kapazitätsverlust zu hoch waren. Mehr war hier nicht notwendig.

Für einen ersten Test entschloss ich mich, nur die Zwischenstufe zu verbauen. Damit ließ sich der Fehler besser lokalisieren und ich hatte Zugriff auf die Bauteile.
Der Test zeigte weiterhin einen Ausfall des linken Kanals. Mit dem Unterschied, dass er bereits nach wenigen Sekunden auftrat. Ich entschloss mich die Kältespray / Fön-Variante zu probieren. Und ich hatte Glück:


Transistor 14 reagierte sofort. Das zeigte wieder, das eine Überprüfung im Transistor-Tester nicht immer ausreicht.  Aber endlich auch die Ursache gefunden? 
Im Video kann man übrigens im Hintergrund das Brummen beim Ausfall des Kanals hören.

Der Transistor war ein originaler 2SA916. Heutzutage nicht mehr erhältlich. Eine Nachfrage in meinem Bastler-Forum ergab 2 mögliche Nachfolger: BF421 und KSA1142. Beide unterscheiden sich in ihrer Bauform, also ihrer Größe. Das hat auch Auswirkungen auf die mögliche Leistung und die damit verbundene Wärmentwicklung.  Der Unterschied beträgt ca. 20%.

Der BF421 war kurzfristig verfügbar und lag preislich im Cent-Bereich. Der KSA1142 war nur bei Mouser.de verfügbar mit Lieferung aus den USA. Also Variante 1.

Nach Eintreffen der Ware wurden die Transistoren 11-14 getauscht. Dazu habe ich mir 4 Stück ausgemessen, bei denen der hFE-Wert (Stromverstärkung) fast identisch war. Also keine richtiges Matchen der Transistoren mit Vergleich der Vbe-Spannung. Mir ging es erst einmal um die Herstellung der Funktion. Außerdem müssen bei diesem Gerät die Transistoren 11+13, sowie 12+14  nur "gepaart", also vom gleichen Typ sein.

Und die Funktion sollte kurz darauf gegeben sein. Der DENON spielte wieder. Kein Ausfall eines Kanals oder Störgeräusche. Problem 1 gelöst.

Allerdings zeigte sich nach längerem Testbetrieb ein Wärmeproblem. Die Temperatur an den Transistoren betrug 120°C. Bei einem Betrieb mit 220V am Stelltrafo. Die max. zulässige Temperatur am Transistor war mit 150°C angegeben. Das konnte so nicht bleiben. Ein erneuter Ausfall wäre vorprogrammiert.

Also blieb nur die Variante auf den KSA1142 umzubauen. Die Lieferung erfolgte über FedEx in weniger als 2 Tagen aus Texas. Super, aber damit war meine CO2-Bilanz für 2023 im Eimer. :-)

Hier mal der Größenvergleich:


Links der BF421 (TO-92), rechts der KSA1142 (TO-126). Nach dem Einbau sah es dann so aus:


Dann noch einmal den Ruhestrom eingestellt und ein erster Dauertest zeigte dann auch Erfolg. Die Temperatur lag jetzt bei ca. 90-95°C. Dass war ok und konnte so bleiben. Eine geringere Temperatur war schaltungstechnisch bei diesem Gerät nicht machbar. Vielleicht wäre es angebracht einen kleinen, geräuschlosen Lüfter zwischen den Platinen zu montieren, für eine leichte Luftzirkulation und um einen punktuellen Wärmestau zu vermeiden. Sollte man mal drüber nachdenken.

Jetzt war nur noch das Problem der Schutzschaltung zu lösen. Denn beim Einschalten knallte es immer noch unschön aus den Lautsprechern.

Doch das ist ein Thema für den dritten Teil.

Hier geht es weiter: Teil 3

ASC AS6002 - Teil 3

  Wenn man denkt, man hat alles erledigt, kommt irgendetwas dazwischen. Immer. Murphys Gesetz sei Dank. In diesem Fall war es also die Anzei...