Freitag, 21. April 2023

RFT LT-CS 01

Diesmal stand eine Rarität aus DDR-Zeiten auf meinem Tisch. Ein Tangential-Schallplattenspieler vom Typ LT-CS 01.  Hergestellt im VEB Elektronische Bauelemente "Carl von Ossietzky" in Teltow. Irgendwann in 1988.

Nein, keine Rarität, weil es so wenige davon gab. Aber eine Rarität weil er noch komplett war. Inklusive Abdeckung, originaler Gummiunterlage und Nadelschutz. So etwas ist selten geworden. Meistens findet man nur noch Ersatzteile oder Geräte zum Ausschlachten.


Als die Anfrage zur Reparatur kam, musste ich erst einmal recherchieren. Wieviele verschiedene Tangential Spieler waren denn in der DDR eigentlich produziert worden? Und so viele waren es nicht. Gut, es gab noch den  
HMP-PA 2203 von Phonotechnik Pirna und seine Vorgänger. Aber das war es auch schon. 

Also Unterlagen besorgt und an die Arbeit. Die Aufgabenstellung war diesmal recht einfach: "Mal schauen, ob man den wieder zum Laufen bekommt."

Der optische Zustand war alles andere als schön, aber technisch schien alles komplett. Keine fehlenden Teile auf der Platine oder Wärmeschäden.




Auffallend nur verrostete Sicherungshalter für die Feinsicherungen, ausgelutschte Riemen für den Drehteller und Tangential-Schlitten, eine verschlissene Nadel, sowie trockene Lager diverser Antriebsräder. 




Nichts schlimmes. Also zuerst alle Teile geordert und an die optische Korrektur des Gerätes gemacht. Denn ohne Austausch der Teile konnte auch kein Testlauf stattfinden.

Besonders schlimm stand es um die Plexiglas-Abdeckung. Tiefe Kratzer überall.


Grundsätzlich lässt sich Plexiglas wieder aufarbeiten. Dafür gibt es diverse Polituren. Bei diesen Kratzern musste aber etwas anderes her. Schleifpapier. Dafür nutze ich einen Handteller und verschieden Körnungen.


Es gibt diverse Videos auf denen auch Schwingschleifer benutzt werden. Aber damit kann man auch sehr schnell Wärme in das Plexiglas bringen, was unwiderruflich zur endgültigen Blindheit führen kann. Außerdem fehlt mir dabei die "Rückmeldung" vom Material.

Bei der Körnung beginnt man mit 1000er Scheiben, dann geht es weiter mit 1500-2000-3000. Wichtig ist, dass man nass schleift. Also immer wieder mit Wasser besprühen und zwischendurch abwischen. So vermeidet man, das der Abrieb neue Kratzer produziert. Nach einigen Stunden schleifen, besprühen, wischen gab es eine finale Politur. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen:


Einige feine Kratzer waren noch zu sehen, die Reste der tiefen Unebenheiten. Um das zu entfernen, müsste das Ganze mehrmals wiederholt werden. Aber dafür müsste auch viel Material abgetragen werden. Das wiederum könnte schnell zu Rissen führen. Und mal ehrlich: Ein paar "Narben" darf ein 35 Jahre altes Gerät auch haben. Vintage halt.

Inzwischen waren auch die Ersatzteile eingetroffen. Also Sicherungshalter gewechselt, Riemen für den Tangential-Schlitten getauscht, alle beweglichen Teile geschmiert und den Motoren etwas Fein-Öl gegönnt.



Dann ein erster Testlauf. Den alten Riemen für den Direktantrieb ließ ich drauf, da der Teller noch mehrmals abgenommen werden musste. Auch die alte Nadel blieb, denn für einen ersten Test verwende ich immer eine alte Opfer-Vinyl. 

Der Test verlief erstaunlich gut. Der Tangential-Schlitten lief sauber durch, der Tonarm senkte sich perfekt. 



Nur die Aufsetzpunkte für 33 / 45 RPM waren nicht ok und mussten eingestellt werden. Und das war ziemliche Fummelei.

Bei diesem Gerät gibt es dafür 2 Lichtschranken. Jeweils am Anfang und Ende des Schlittens. Und diese Lichtschranken haben mehrere Funktionen:

Lichtschranke 1:

- Erkennung der Tonarm-Ausgangsstellung

- Erkennung Plattenanfang und -ende von 33 / 45 RPM

Lichtschranke 2:

- Erkennung der vertikalen Tonarm-Position

- Erkennung der Tonarmauslenkung

Übersetzt: Lichtschranke 1 legt die Aufsetzpunkte und Abschaltung fest, Lichtschranke 2 kümmert sich um die parallele Verschiebung des Schlittens während des Abspielvorgangs


Für die exakte Einstellung muss die kleine Madenschraube in der Höhe justiert und die Excenter-Schraube seitlich verschoben werden. Beim Durchlaufen der Blende wird über den schwarzen Positionierhebel dann der korrekte Ablauf sichergestellt. Das Ganze passiert im mm-Bereich. Also viel messen, testen und fluchen, bis alles korrekt passte.

Als alles eingestellt war, wurde das Gerät einem Dauertest unterzogen. Schließlich wollte ich noch die Temperatur der Bauteile überprüfen um kalte Lötstellen o.ä. zu finden. Glücklicherweise besitzt der Turntable eine "Repeat"-Funktion. Damit kann man eine Vinyl in Dauerschleife abspielen. Nach ca. 1h wurde dann geprüft:



Die wärmste Stelle war der Trafo mit 39 ° und das Kühlblech am Leistungstransistor. Aber alles im erlaubten Bereich. 

Und dann war auch schon alles erledigt. Der Korpus wurde noch gereinigt, die Nadel getauscht und alles zusammengebaut. Abschließend gab es noch einen neuen Antriebsriemen für den Drehteller und dann wurde ausgiebig weiter getestet. Klangtechnisch war das gar nicht so schlecht, was das Gerät da lieferte. 


Und somit wurde wieder ein Gerät vor dem Elektroschrott gerettet.

Hier findet ihr die komplette Restaurierung, Schritt für Schritt:


Liken und Kanal abonnieren nicht vergessen! :-)

PROJECT DONE!

Dienstag, 18. April 2023

DENON PMA-790 - Teil 1

Die Oberklasse der Vollverstärker gibt sich die Ehre. Etwas in die Jahre gekommen, aber klangtechnisch der heutigen Generation ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen.


Der PMA-790 besticht besonders durch seinen räumlichen Klang. Dazu kommen super auflösende Höhen und Mitten sowie ein sauberer, aber nicht zu dominanter Bass. Hier spielt der Denon seine Konkurenz wie Marantz & Co locker an die Wand. Freunde von Live-Mitschnitten oder Klassik-Musik kommen hier voll auf ihre Kosten. 

Ermöglicht wird das u.a. durch einen rückkopplungsfreien 0-dB-Leistungsverstärker. Über eine ausgefeilte Technik wird sichergestellt,  dass es keine Signalrückkopplung und Zeitverzögerung gibt, sodass die dynamische Verzerrung, die die Hörqualität beeinträchtigt, unterdrückt wird.

Und speziell Vinyl-Liebhaber würden ihre Freude an diesem Gerät haben. Wurden doch für Moving Coil-Tonabnehmer  die Koppelkondensatoren aus den Signalpfaden vom Eingangs- bis zum Lautsprecheranschluss entfernt, wodurch die Signalübertragungsgeschwindigkeit erheblich verbessert wurde. 



Das sind aber nur einige der Highlights diese Gerätes. Hier noch einpaar technische Daten:

- Dynamikleistung: 2 x 190W (8 Ohm), 2 x 330W (4 Ohm), 2 x 470W (2 Ohm)

- Gesamtklirrfaktor: 0,002%

- Eingänge: 2 x Phono (MM/MC), 2 x Tape, Tuner, DAD / Aux

- Besonderheiten: Subsonic-Filter, Loudness, Copy-Funktion Tape 1- 2

- Gewicht: 20 kg

- Baujahr: 1983-1985

Doch genug geschwärmt. Kommen wir zu den technischen Problemen, meines Kandidaten.

Die Reparatur-Historie beginnt bereits in 2010. Damals wurden einige Transistoren gewechselt und die Schutzrelais bemängelt. Diese sollten damals schon getauscht werden, was aber auf Grund mangelnder Verfügbarkeit nur zu einer Reinigung führte. In 2022 und 2023 wurde mehrmals erfolglos versucht einen Ausfall des rechten Kanals zu lokalisieren. Dazu kam ein lauter "Einschalt-Plopp", unangenehm für jeden Lautsprecher. Zusätzlich löste unregelmäßig eine Sicherung aus und es gab ein starkes Rauschen auf dem Kopfhörerausgang. Auf Grund fehlender Teile seitens des Herstellers wurde das Gerät dann als unreparabel eingestuft. Soweit, so schlecht.

Ich besorgte mir zuerst den Schaltplan des Gerätes. Ein Blick kann ja nicht schaden. Ohne weiter in die Schaltung einzutauchen, konzentrierte ich mich auf die Schutzrelais. Schließlich wurden diese schon 2010 bemängelt. Und diese Schutzrelais haben wichtige Funktionen. Sie schützen vor Überlast und schalten bei Störungen die angeschlossenen Lautsprecher ab. Beim Einschalten des Gerätes schützen sie vor Überlast und schalten deshalb etwas zeitverzögert erst die Lautsprecher zu.  Ein Ausfall dieser Relais kann sich vielfältig bemerkbar machen:

- Kanalausfall
- Lautstärkeverlust
- verzerrter Ton
- starke Einschaltgeräusche usw.

Alles Symptome die teilweise auch in der Reparaturhistorie auftauchten. Im Schaltplan fand ich dann das:


Relais 2 wird grundsätzlich angesteuert und schützt erst einmal nur den Kopfhörerausgang. Relais 1 wird angesteuert, wenn der Wahlschalter für die A-Lautsprecher aktiviert wird. Relais 3  ist Relais 2 nachgeschaltet und wird angesteuert, wenn der Wahlschalter für die B-Lautsprecher aktiviert wird. Es könnte also einen Zusammenhang zwischen den genannten Problemen und dem Rauschen auf dem Kopfhörerausgang geben. Ein erster Ansatzpunkt. 

Der Demontage der sogenannten "Protector Unit" gestaltete sich schwierig. Schließlich waren auf dieser die Lautsprecher-Terminals verlötet und davor saß noch das Bord für die Spannungsversorgung. 


Selbst nach Ausbau der Platine war kein Rankommen an die Relais. Die Terminals mussten alle ausgelötet werden. Eine ziemliche Fummelei.




Erst danach konnte ich mir die Relais anschauen.


Beim ersten Relais war zu sehen, das die Kontakte komplett verdreckt waren. Was ich aber bei den anderen beiden Relais fand, machte mich sprachlos:


An beiden Relais waren die Spulen-Anschlüsse mit Iso-Band umwickelt. Bei Relais 3 hatte sich der Anschluss bereits gelöst. Also dürften die B-Terminals kein Ton mehr von sich gegeben haben. Wohl nie aufgefallen, da ja meistens die A-Terminals genutzt werden. Der Zweck erschloss sich mir nicht. Vermutlich nur als Isolationsschutz oder wurden die Relais gar überbrückt? Auf alle Fälle ist hier mal gewaltig gepfuscht worden.

Weiterhin war zu sehen, das damals mit der Platine nicht zimperlich umgegangen worden war. Total verkratzt, teilweise das Kupfer sichtbar. Dazu jede Menge Lötrückstände.



Zumindest stand fest, dass alle 3 Relais getauscht werden müssen. Dann könnte man weiter sehen. Und ich hatte Glück: Ich fand einen Verkäufer, der passende Relais im Angebot hatte. Zwar nicht ganz preiswert, aber bei der Qualität dieses Verstärkers vollkommen angemessen.

Bis zum Eintreffen der neuen Relais konnte ich mich um die Platine kümmern. Komplett mit IPO  gereinigt, dazu die offenen Kupferstellen mit UV-Lack behandelt. Die Terminal-Anschlüsse wurden gesäubert, damit sie später wieder einen festen Kontakt boten.




Hier geht es weiter: Teil 2

Sonntag, 9. April 2023

SONY Walkman WM-6

Kleine Reparatur am Rande. Ich bekam einen Sony Walkman WM-6 auf meinen Tisch, zerlegt in seine Bestandteile.

Hier einpaar technische Daten:

- Baujahr 1984 - 1987

- Frequenz: 40 Hz bis 15 kHz

- Ausgangsleistung 2 x 18W

- System: 4-Spur, 2-Kanal Stereo

- Rauschunterdrückung: Dolby B

- Besonderheiten: Anti-Rolling-Mechanik, Auto-Reverse-Mode


Auf dem ersten Blick war zu sehen, dass der Riemen definitiv zu erneuern war. Weiterhin zeigte sich, das hier auch die sogenannte "Riemen-Pest" aktiv war. Dabei löst sich der Gummi des Riemen komplett auf und wird zu einer kleberartigen Masse. Diese legt sich dann an alle Antriebsräder und verteil sich im Gerät. Nur mit IPO und diversen Reinigungsutensilien zu entfernen.


Ein passender Riemen fand sich in der mitgegebenen Teile-Kiste. Also Riemen aufgezogen, Batterien eingelegt und ein erster Hörtest. Ok, das klang dann definitiv anders, als man es von einem SONY gewohnt war. Stark leiernder Sound, verstärkt durch Rauschen auf beiden Kanälen.  Eine Recherche im Netz zeigte, das die Original-Riemen als Rundriemen ausgeführt waren. Die chinesischen Varianten sind alles Vierkant-Riemen und liegen somit an den Antriebsrädern nicht korrekt an. Also Original bestellt und in der Zwischenzeit alle beweglichen Teile, Antriebsräder, Zahnräder gesäubert und leicht geschmiert

Nach einem Blick in den Schaltplan wurden alle Elkos (LOW ESR) getauscht und einige Lötstellen nachbearbeitet. 



Einige Litzen-Drähte waren schon sehr spröde, also wurden diese auch gleich ausgewechselt.

Nachdem der Original-Riemen eingetroffen war, gab es den ersten Hörtest. Das klang doch gleich ganz anders. Schöner, satter Klang mit einem kräftigen Bass-Anteil. Gefühlt lief das Ganze aber zu schnell. 

Ein WOW & Flutter Test mit der vorgegebenen 3 kHz Test-Kassette bestätigte das auch. Also wurde die Geschwindigkeit über die seitlich befindliche Einstellmöglichkeit angepasst.

Abschließend wurden noch die im Service Manual vorgegebenen Einstellungen für den Tonkopf-Azimut und den Dolby-Level überprüft. Aber hier war alles ok.




Hier noch ein Video vom ersten Test des Walkman:



Schlussendlich wurde das komplette Gehäuse gereinigt und alles zusammen gebaut.

Auch dieses Gerät ist somit bereit für ein zweites Leben und wird seinem Besitzer hoffentlich viel Freude bereiten.

PROJEKT DONE!


Dienstag, 4. April 2023

Bang & Olufsen Beogram 5500

Nach dem  BEOCORD 5500  ging es an die Reparatur des Turntables.


Die Ausgangslage war dabei übersichtlich: Null Funktion, da der Seilzug für das Tangential-Tonarmsystem ausgehakt war. Zudem gab es keine Funktion des Drehtellers.

Auch bei diesem Plattenspieler zeigte sich die Servicefreundlichkeit der B&O Geräte. Wie bei einer Motorhaube konnte man den Deckel liften und hatte so wunderbar Zugriff auf die Technik.

Der Fehler für die fehlende Funktion des Drehtellers war schnell lokalisiert. Ein gerissener Riemen. 


Ersatz war vorhanden, damit konnte man diesen Punkt abhaken. Komplizierter war es da schon mit dem Seilzug. Dieser war komplett ausgehakt und verdreht. Im Service Manual (SM) war zwar  beschrieben, wie der Seilzug zu spannen war. Allerdings war der erwähnte Halter (H) auf dem Schlitten nicht auffindbar. Dort gähnte nur ein rundes Loch:



Es gab keine Beschreibung wie das Teil aussieht, also war Kreativität gefragt. In meiner Kleinteile-Kiste fand ich einen Kunststoff-Stöpsel für Regalbretter. Mit einem Cutter und Feile wurde dieser solange bearbeitet, bis er die passenden Maße hatte. Nicht schön, aber es sollte erstmal nur zum Testen reichen.


Der Seilzug wurde nun gemäß SM befestigt und ein erster Funktionstest verlief erfolgreich. 

Also wurde eine finale Version des Halters gefertigt und mit 2K-Kunstoff-Kleber befestigt. 

Jetzt fehlte nur noch eine Sache. Die korrekte Einstellung des Tangential-Systems. Dafür sind im SM alleine 5 Seiten vorgesehen. Die Einstellarbeiten umfassen dabei:

- das Ein- / Ausfahren des Tonarmes

- das Heben / Senken des Tonarmes

- die Detektorarm-Höhe

- Tonarm - /  Tonabnehmer-Parallelität und 

- die Absetzpunkte für 33 / 45 RPM


Es wurde also viel gemessen und mit einer alten Vinyl getestet, bis schließlich alles perfekt passte.


Zum Schluss wurde noch die Mechanik gereinigt und leicht geschmiert, sowie das Gehäuse und die Abdeckung gereinigt. Somit bekam auch dieses Gerät ein zweites Leben geschenkt.



PROJEKT DONE!









Samstag, 1. April 2023

YAMAHA KX-200 Wow & Flutter-Test

In meinem Besitz befindet sich seit längerem ein YAMAHA KX-200 Kassetten-Deck.





Hier die technischen Daten:

- Baujahr 1987

- Tonköpfe: 2

- Motoren: 2

- Gleichlaufschwankungen:  +/- 0,08% / 0,15% WRMS

- Klirrfaktor <1% 

- Rauschunterdrückung: Dolby B und C 

- Besonderheiten: Titelsuchlauf, Titelanspielautomatik, Timer-Schalter, autom. Bandsortenumschaltung , Repeat-Funktion

 

Nachdem ich den ersten Service durchgeführt hatte, wurde es Zeit für einen Test. Um zu schauen, ob der Capstan-Riemen und die Motoren noch in Ordnung sind, begann ich mit einem Gleichlauftest. Wozu der dient und wie das ganze durchgeführt wird, könnt ihr im folgenden Video sehen.




ASC AS6002 - Teil 3

  Wenn man denkt, man hat alles erledigt, kommt irgendetwas dazwischen. Immer. Murphys Gesetz sei Dank. In diesem Fall war es also die Anzei...