Diesmal stand eine Rarität aus DDR-Zeiten auf meinem Tisch. Ein Tangential-Schallplattenspieler vom Typ LT-CS 01. Hergestellt im VEB Elektronische Bauelemente "Carl von Ossietzky" in Teltow. Irgendwann in 1988.
Nein, keine Rarität, weil es so wenige davon gab. Aber eine Rarität weil er noch komplett war. Inklusive Abdeckung, originaler Gummiunterlage und Nadelschutz. So etwas ist selten geworden. Meistens findet man nur noch Ersatzteile oder Geräte zum Ausschlachten.
Also Unterlagen besorgt und an die Arbeit. Die Aufgabenstellung war diesmal recht einfach: "Mal schauen, ob man den wieder zum Laufen bekommt."
Der optische Zustand war alles andere als schön, aber technisch schien alles komplett. Keine fehlenden Teile auf der Platine oder Wärmeschäden.
Auffallend nur verrostete Sicherungshalter für die Feinsicherungen, ausgelutschte Riemen für den Drehteller und Tangential-Schlitten, eine verschlissene Nadel, sowie trockene Lager diverser Antriebsräder.
Nichts schlimmes. Also zuerst alle Teile geordert und an die optische Korrektur des Gerätes gemacht. Denn ohne Austausch der Teile konnte auch kein Testlauf stattfinden.
Besonders schlimm stand es um die Plexiglas-Abdeckung. Tiefe Kratzer überall.
Grundsätzlich lässt sich Plexiglas wieder aufarbeiten. Dafür gibt es diverse Polituren. Bei diesen Kratzern musste aber etwas anderes her. Schleifpapier. Dafür nutze ich einen Handteller und verschieden Körnungen.
Es gibt diverse Videos auf denen auch Schwingschleifer benutzt werden. Aber damit kann man auch sehr schnell Wärme in das Plexiglas bringen, was unwiderruflich zur endgültigen Blindheit führen kann. Außerdem fehlt mir dabei die "Rückmeldung" vom Material.
Bei der Körnung beginnt man mit 1000er Scheiben, dann geht es weiter mit 1500-2000-3000. Wichtig ist, dass man nass schleift. Also immer wieder mit Wasser besprühen und zwischendurch abwischen. So vermeidet man, das der Abrieb neue Kratzer produziert. Nach einigen Stunden schleifen, besprühen, wischen gab es eine finale Politur. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen:
Einige feine Kratzer waren noch zu sehen, die Reste der tiefen Unebenheiten. Um das zu entfernen, müsste das Ganze mehrmals wiederholt werden. Aber dafür müsste auch viel Material abgetragen werden. Das wiederum könnte schnell zu Rissen führen. Und mal ehrlich: Ein paar "Narben" darf ein 35 Jahre altes Gerät auch haben. Vintage halt.
Inzwischen waren auch die Ersatzteile eingetroffen. Also Sicherungshalter gewechselt, Riemen für den Tangential-Schlitten getauscht, alle beweglichen Teile geschmiert und den Motoren etwas Fein-Öl gegönnt.
Dann ein erster Testlauf. Den alten Riemen für den Direktantrieb ließ ich drauf, da der Teller noch mehrmals abgenommen werden musste. Auch die alte Nadel blieb, denn für einen ersten Test verwende ich immer eine alte Opfer-Vinyl.
Der Test verlief erstaunlich gut. Der Tangential-Schlitten lief sauber durch, der Tonarm senkte sich perfekt.
Nur die Aufsetzpunkte für 33 / 45 RPM waren nicht ok und mussten eingestellt werden. Und das war ziemliche Fummelei.
Bei diesem Gerät gibt es dafür 2 Lichtschranken. Jeweils am Anfang und Ende des Schlittens. Und diese Lichtschranken haben mehrere Funktionen:
Lichtschranke 1:
- Erkennung der Tonarm-Ausgangsstellung
- Erkennung Plattenanfang und -ende von 33 / 45 RPM
Lichtschranke 2:
- Erkennung der vertikalen Tonarm-Position
- Erkennung der Tonarmauslenkung
Übersetzt: Lichtschranke 1 legt die Aufsetzpunkte und Abschaltung fest, Lichtschranke 2 kümmert sich um die parallele Verschiebung des Schlittens während des Abspielvorgangs
Für die exakte Einstellung muss die kleine Madenschraube in der Höhe justiert und die Excenter-Schraube seitlich verschoben werden. Beim Durchlaufen der Blende wird über den schwarzen Positionierhebel dann der korrekte Ablauf sichergestellt. Das Ganze passiert im mm-Bereich. Also viel messen, testen und fluchen, bis alles korrekt passte.
Als alles eingestellt war, wurde das Gerät einem Dauertest unterzogen. Schließlich wollte ich noch die Temperatur der Bauteile überprüfen um kalte Lötstellen o.ä. zu finden. Glücklicherweise besitzt der Turntable eine "Repeat"-Funktion. Damit kann man eine Vinyl in Dauerschleife abspielen. Nach ca. 1h wurde dann geprüft:
Die wärmste Stelle war der Trafo mit 39 ° und das Kühlblech am Leistungstransistor. Aber alles im erlaubten Bereich.
Und dann war auch schon alles erledigt. Der Korpus wurde noch gereinigt, die Nadel getauscht und alles zusammengebaut. Abschließend gab es noch einen neuen Antriebsriemen für den Drehteller und dann wurde ausgiebig weiter getestet. Klangtechnisch war das gar nicht so schlecht, was das Gerät da lieferte.
Und somit wurde wieder ein Gerät vor dem Elektroschrott gerettet.
Hier findet ihr die komplette Restaurierung, Schritt für Schritt:
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PROJECT DONE!