Dienstag, 6. Februar 2024

ASC AS6002 - Teil 1

 Was ist besser als eine Bandmaschine? Genau, zwei Bandmaschinen!

So dachte ich, als ich im März vergangenen Jahres unerwartet eine Email bekam. Der Absender hatte einige meiner Blog-Beiträge gelesen und erzählte, dass er in Besitz einer Tonbandmaschine ASC AS6002 sei. Diese sein schon seit Jahrzehnten in seinem Besitz und er würde diese Maschine gerne in wertschätzende Hände geben. Da seit vielen Jahren ungenutzt, müssten natürlich diverse Bauteile überprüft oder getauscht werden.

Zugegeben, die deutsche Firma ASC sagte mir bis dahin gar nichts. Eine schlimme Wissenslücke, wie sich im Nachhinein herausstellte . Eine erste Recherche brachte dann interessantes zu Tage:

Die Firma "Audio System Components GmbH" wurde 1964 geründet und war als Entwickler von Sprachlehrgangsanlagen auf Basis von Tonbandgeräten innerhalb der  Firma Braun tätig. Mit dem Ende der Bandfertigung bei Braun begründete sich auch die Entwicklung eigener Geräte. Das Portfolio reichte von Kassettendecks, über Tuner bis zu Bandmaschinen. Qualitativ dabei immer up to date. Kassettendecks vom Typ AS-2001 werden heute noch für 2.000 € gehandelt, falls man eins in freier Wildbahn erwischt.

Ihre bekanntesten Produkte waren allerdings die Tonbandmaschinen. Beginnend in den späten 70er-Jahren waren sie für fast ein Jahrzehnt der audiophile Maßstab für Qualität und Ausstattung. 1980 gab es dann auch den deutschen HiFi-Preis in der Kategorie "Gerät national". Jeder zweite Einsender, damals noch klassisch per Postkarte, stimmte für die ASC 6002/38. Testberichte in verschiedensten Zeitschriften hatten ASC Geräte als Referenz. Wer mehr darüber wissen möchte, sollte sich die Seite asc6000.de mal anschauen. Hier gibt es alle Informationen, perfekt aufbereitet. Betreiber der Seite ist übrigens Michael Herberts, DER ASC Guru schlechthin. Aber auf den kommen wir nachher noch zurück.


Und so eine Maschine wurde mir jetzt angeboten. In Original-Zustand, mit allen Service Unterlagen, diversen Alu-Spulen und Bändern sowie dem originalen Kaufbeleg vom 09.04.1981. Zusätzlich war eine Abdeckhaube aus Plexiglas dabei, die es damals nur als Sonderzubehör gab. Ich war begeistert. Mit dem Besitzer wurde dann eine Übergabe vereinbart und nach einem beidseitigen lukrativen Tauschgeschäft sowie einem sehr netten Erfahrungsaustausch wechselte die ASC6002/38 den Besitzer. Der Kontakt besteht übrigens heute noch.

Ganz liebe Grüße gehen an dieser Stelle nach Berlin, lieber Udo.

Nachdem die Maschine auf meinem Tisch stand, war wochenlange Recherche angesagt. Service-Unterlagen und Schaltpläne sichten, Reparaturberichte, bekannte Mängel, empfohlene Reparaturen usw. Es stand schnell fest, dass es keine leichte Reparatur werden sollte. Bedingt durch die lange Nichtbenutzung musste quasi alles geprüft werden. 

Und ich suchte mir Hilfe bei Michael Herberts. Ich fragte über seine Hompage an, was bei einer Reparatur beachtet werden müsste, nach Tips und Tricks sowie bekannten Fehlern. Antwort bekam ich umgehend. Es gab Tips für zu tauschende Bauteile, zu Elkos, Tantals, Optokopplern und Drehkondensatoren. Hinweise zur Demontage, zum Funktionsumfang und Abhängigkeiten unter den einzelnen Baugruppen. Extrem umfangreich. Und es sollte nicht die letzte Kontaktaufnahme sein.


Schon die Demontage gestaltete sich komplex. Die untere Abdeckung ist über 2 versteckte Kunststoffzungen mit  dem Chassis verbunden. Nur mit einem selbstgebauten Spezialwerkzeug ließ sich das Ganze ohne Beschädigungen trennen. Nach kompletter Demontage zeigte sich dann wie modular das Gerät aufgebaut ist:


Die Hauptbaugruppen im Einzelnen:

  • - Tonkopfbrücke
  • - Netzteil- und Regelungsplatte
  • - Grundplatte
  • - Zählerplatte
  • - Laufwerkssteuerung
  • - Eingangsverstärker
  • - Aufnahmeverstärker
  • - Misch- und Ausgangsverstärker
  • - Tonmotor-Platine (Capstan)
  • - 2 Lagerplatten / Bandzugplatinen

Der modulare Aufbau ist zwar servicefreundlich, für eine Fehlersuche aber der Horror. Viele Steckverbinder, viele Kontakte und Spannungen die über mehrere Platinen durchgeschaltet werden. Dazu Gabel-Optokoppler die mir später noch Kopfzerbrechen bereiten sollten. Bestes Beispiel für die verschachtelten Funktionen: Läuft der Capstan nicht mit voller Geschwindigkeit, bleibt die Zählwerksanzeige dunkel, obwohl das Band transportiert wird. Alleine dieser Kontakt läuft über Tonmotor-Platine, Grundplatte, Laufwerkssteuerung bis zur Zählwerksplatine. Ist nirgends dokumentiert, muss man wissen. 

Also wurde jede Platine, jeder Steckverbinder fotografiert, die Platine ausgebaut und beschriftet. Dann wurden die zu wechselnden Bauteile der Platinen erfasst, um eine Bestellung auszulösen.  Am Ende wurden es mehrere A4-Seiten.



Das Ganze dauerte mehrere Wochen. Bis ich alle Teile zusammen hatte war es September. Besondere Probleme bereiteten mir die Gabel-Optokoppler. Auf Nachfrage bei M. Herberts konnte ich den Original-Typ erfahren: "CNY36". Abgekündigt, nicht mehr lieferbar. Leider haben diese Optokoppler Schlüsselpositionen im Gerät, z. Bsp. auf den Bandzugplatinen. Nach etwas Recherche konnte ich den Nachfolgetyp "TCST1103" ordern. Leider sind diese nicht 100% kompatibel, wie sich später zeigen sollte.


Dann ging es an die Arbeit. Zuerst wurde die Netzteil-Platine revidiert.



Grundreinigung und Sicherungshalter, Kondensatoren, Gleichrichter- und Zenerdioden getauscht, Relaiskontakte gereinigt. Die Leistungstransistoren und Spannungsregler wurden nur fixiert. Diese sollten erst ganz zum Schluss neu gebettet und befestigt werden. Falls die Platine doch nochmal ausgebaut werden müsste.

Und so ging es Woche für Woche, Platine für Platine. Ist monoton, schult aber ungemein die Löt-Skills. Bin jetzt Level 99 von 100. 

Wie die Montage lief und was eine Bandzug-Platine für Nerven kosten kann, erkläre ich euch dann im zweiten Teil.

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